1986, Ostern. Jemand klingelte an die Tür. Es regnete übrigens draußen in Strömen. Es war der erste Regenschauer des Jahres. Ein starker, ein echter, ein harter Regenschauer. Als ich die Tür öffnete, sah ich ein betrunkenes Gesicht dahinter stehen. Völlig breit, drückte es mir einen Einberufungsbescheid in die Hand und ließ ihn unterschreiben. Als ich meine Unterschrift darauf setzte, las ich, was darauf eigentlich stand. Ich müsse, hieß es, innerhalb einer Stunde mit meinen Sachen im Palast der Pioniere erscheinen. Ich hatte den Wehrdienst hinter mir und musste deshalb immer bereit sein, einem Befehl zu gehorchen: So schlug ich die Hacken zusammen, warf ein paar Sachen in den Rucksack und ging hin. Wir fuhren in der Nacht ab und wurden in Swintzi „ausgeladen“, am nächsten Morgen waren wir schon im Feuerwehrbataillon.

Die Sache ist die, dass wir ein riesiges Muffersausen bekamen, als wir das erste Mal in die Zone kamen. Denn man betrat das Ungewisse. Gesehen und gehört hatte man zwischenzeitlich ziemlich viel, man war dort bloß noch nie gewesen. Kurz gesagt, da war das Muffersausen. Nach zwei oder drei Tagen Aufenthalt war es schon in Ordnung, wir gewöhnten uns daran. […] Wir hatten damals keine Ahnungl, eine Tragödie mitzuerleben. Heute kann man an jeder Straßenkreuzung eine ganze Menge Informationen bekommen. Was stand uns aber damals zur Verfügung? Wir hatten sowjetisches Fernsehen und sowjetischen Rundfunk. Auch die Strahlung war sowjetisch…

Im Wald standen Tische, die waren nicht bedeckt, darauf gab es nicht… einfache Tische. Diejenigen, die frühmorgens zur Arbeit mussten (es war im frühen Herbst), bekamen als Erste Frühstück. Ich erinnere mich an einen schräg stehenden Tisch. Ich bekam einen Krug Kaffee und stellte ihn auf den Tisch. Aber da die Oberfläche etwas vereist war, rutschte der Krug runter und der Kaffee floss über die Kante. Ich bat: „Geben Sie mir bitte einen anderen Krug.“ Den hielt ich fest und ließ eine Weile auf dem Tisch stehen. Die Stelle, wo der Krug stand, taute ab, so blieb er stehen. So ein Erlebnis!

Ich weiß nicht, ob das wahr ist oder nicht, aber bevor wir kamen, kriegten die Kollegen aus anderen Bezirken Wein. Aber als wir da waren, bekamen wir nichts. Auch die Soldaten bekamen nichts. Aber sie können sich wohl gut vorstellen, wie es ist, wenn man als Soldat was Alkoholhaltiges bekommt. Hat einer 100 Gramm getrunken, bittet er um noch 100 Gramm. Und dann… wer weiß, hat der Soldat tatsächlich 100 Gramm getrunken oder vielleicht etwas mehr? Doch den hausgebrannten Schnaps, den „Samogon“, wussten die Soldaten jedenfalls zu finden. Die Einheimischen aus den naheliegenden Dörfern verkauften ihn sehr gern. Die ganze Verpflegung, die die Soldaten nur erhielten – die gezuckerte Kondensmilch, das Schmalzfleisch – tauschten sie gegen den „Samogon“. So was gab es doch!

„Wir haben im Reaktor gearbeitet und sind nun im aufgeregten Zustand. Du musst uns so fahren, dass der Wagen keinen Mucks macht. Das heißt wir müssen das keineswegs spüren. Wir müssen mit dem Bus fahren und uns entspannen!“