Über das Archiv
Der Super-GAU im Atomkraftwerk Tschernobyl war 1986 für die Menschen in ganz Europa ein Schock. Weniger bekannt als die Bilder vom zerstörten Reaktor ist jedoch das Schicksal der Menschen, die bis heute an den Folgen der Katastrophe leiden. Der Geschichtswerkstatt Tschernobyl ist es daher ein Anliegen, die Lebensgeschichten von Augenzeugen der Katastrophe aufzuzeichnen, so dass sie für Bildungs- oder Forschungszwecke öffentlich zugänglich sind. Der Aufbau des Zeitzeugenarchivs ist dabei von der Überzeugung geleitet, dass die Erinnerungen der Zeitzeugen neue Einblicke in die vielfältigen Dimensionen der Tschernobyl-Katastrophe geben. Darüber hinaus ist es wichtig, die Erfahrungen der Zeitzeugen in die öffentlichen Debatten über aktuelle Ereignisse und zukünftige Herausforderungen einzubringen, um ein historisches Lernen zu befördern. Dies gilt sowohl für die Situation der heutigen (Binnen)Flüchtlinge als auch für Fragen einer nachhaltigen Energiepolitik ebenso wie für zahlreiche andere Themen der Gegenwart.
Der Aufbau des Zeitzeugenarchivs der Geschichtswerkstatt Tschernobyl erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der Ukrainischen Assoziation für Oral History. Das Archiv umfasst derzeit vorrangig Porträts und lebensgeschichtliche Interviews von Liquidatoren und Umsiedlern, die in der Region und der Stadt Charkiw leben. Dies erklärt sich durch den Standort der Geschichtswerkstatt Tschernobyl. Es präsentiert jedoch auch Zeitzeugen aus anderen Regionen, insbesondere aus den benachbarten Gebieten Dnipropetrowsk und Luhansk.
Das Team der Geschichtswerkstatt ist bestrebt, den Bestand des Archivs kontinuierlich zu erweitern, und freut sich über entsprechende Kooperationsangebote. Ebenso sollen die Materialien zu den Zeitzeugen, die derzeit nur auf Russisch oder Ukrainisch vorliegen, schrittweise auch in anderen Sprachen zugänglich gemacht werden.