Verbesserung des Selbsthilfepotentials sowie Stärkung der Dialog- und Kooperationsfähigkeit von Tschernobyl-Verbänden in der Ostukraine
Zwischen September und Dezember 2014 führten DUN, IBB und die Geschichtswerkstatt Tschernobyl mit finanzieller Unterstützung des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland ein Projekt durch, um das Selbsthilfepotential von Tschernobyl-Verbänden in der Ostukraine sowie ihre Dialog- und Kooperationsfähigkeit mit Behörden und anderen NROs zu stärken. Im Rahmen dieses Projekts erhielten die Tschernobyl-Verbände in Charkiw, Dnipropetrowsk und Luhansk die Möglichkeit, ihre Freiwilligendienste auszubauen. Im Rahmen von Trainings zu Mediation und Öffentlichkeitsarbeit entwickelten sie zudem neue Strategien, wie sie ihren Anliegen bei den Behörden Gehör verschaffen und hierzu Verbündete unter anderen sozialen NROs finden können. Zu zentralen Fragen wurden anschließend Runde Tische mit den Behörden durchgeführt.
Mit diesem Projekt reagierten die Geschichtswerkstatt Tschernobyl und ihre Partner auf die aktuellen Ereignisse in der Ukraine. Denn die Tschernobyl-Betroffenen bekommen die Folgen der gewaltsamen Konfliktaustragung direkt zu spüren. So sind unter den Flüchtlingen aus Donezk und Luhansk etliche Tschernobyl-Betroffene, die aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme besondere Unterstützung brauchen. Gleichzeitig droht die Lebensleistung der Liquidatoren, durch ihren selbstlosen Einsatz in Tschernobyl den radioaktiven Fallout eingedämmt zu haben, verdrängt zu werden. Denn für die ukrainische Gesellschaft werden die Mitglieder der Nationalgarde und der Freiwilligenbataillone zu neuen Helden, welche die nationale Unabhängigkeit gegen Russland verteidigen. Dementsprechend erhalten sie bevorzugt die knapp gewordenen Medikamente und Prothesen während die Tschernobyl-Betroffenen häufig mit ihren Problemen allein gelassen.
Vor diesem Hintergrund war es Anliegen des Projekts dazu beitragen, eine destruktive Konkurrenz zwischen unterschiedlichen Betroffenengruppen zu vermeiden. Denn die Erfahrungen der Tschernobyl-Liquidatoren können für die neuen Kriegsveteranen hilfreich sein. So verfügen sie häufig über keine Dokumente, die ihren Kriegseinsatz bestätigen, und müssen daher im Falle einer kriegsbedingten Behinderung o.ä. gegenüber dem Staat um Anerkennung, Rehabilitations- und Sozialleistungen kämpfen. Damit wiederholen sie das Schicksal der Tschernobyl-Liquidatoren, die zumeist ebenfalls keine Unterlagen zu ihrem Einsatz oder zu ihrem genauen Einsatzort und der erhaltenen Strahlendosis erhielten. Die Geschichtswerkstatt Charkiw begann daher neue Beratungsangebote für verwundete Kriegsheimkehrer zu entwickeln.