Die erste Etappe des Projekts „Koordinierte Unterstützungsangebote für junge Menschen mit Sehbehinderung in der Ukraine“
Die erste Etappe des Projekts „Koordinierte Unterstützungsangebote für junge Menschen mit Sehbehinderung in der Ukraine“ ist nun vorbei. Vom Juni bis Dezember 2018 führte die Geschichtswerkstatt Tschernobyl alle geplanten Veranstaltungen durch. Das Projekt begann mit praktischen Maßnahmen – den Trainings zur Orientierung für Blindenpädagogen, Eltern und Freiwillige, die mit Sehbehinderten arbeiten. Die Trainings fanden in Charkiw, Kiew und Rowno statt. In jeder Stadt wurde in Abhängigkeit von den Arbeitsschwerpunkten der Organisatoren entsprechende Zielgruppen eingeladen.
Beim ersten Training in Charkiw Anfang Juli 2018 konnten dank der Zusammenarbeit mit dem Ukrainischen Behindertenverband und der guten Organisation des Zentrums „Prawowybora“ (Recht auf Wahl) anstelle von 15 eingeplanten tatsächlich 44 Spezialisten fortgebildet werden.
Mitte September fand in Rowno das zweite Training „Qualifizierung der Pädagogen in Orientierung und Mobilität für junge Menschen mit Sehbehinderung“. Daran nahmen 25 Lehrer und Erzieher teil, die in Kindergärten und inklusiven Grundschulen arbeiten. An zwei Tagen erhielten sie nicht nur theoretische Grundlagen, sondern erlernten auch praktische Methoden der Schulung am Langstock und der Begleitung von Sehbehinderten. Mit Simulationsbrillen konnten sie dabei auch selbst in die Erfahrungswelten der blinden und sehbehinderten Kinder schlüpfen. Das Training wurde in Kooperation mit dem Partner „Generatsyauspishnoidiyi“ (Generierung erfolgreicher Taten) und insbesondere mit aktiver Beteiligung von Nina Matkowskaja-Asseewa und Petr Polischtschuk organisiert. Im Rahmen der Schulung wurden auch zwei methodische Ratgeber herausgegeben: „Die Entwicklung von Orientierungsfertigkeiten bei sehbehinderten Kindern im höheren Vorschulalter“ von LessjaTschopik und „Die Orientierung im Raum als Mittel zur Sozialisierung und Integration für Menschen mit Sebehinderungen“ von W. Goschowskij.
Das abschließende Training in Kiew richtete sich primär an die Eltern von sehbehinderten Kindern und an ihre Betreuer. Die Partnerorganisation „Bachytysertsem“ (Mit dem Herzen sehen) erarbeitete dabei für die Teilnehmer des Seminars ein spezielles Arbeitsheft.
Gemeinsam mit dem Ukrainischen Behindertenverband wurde in Kiew im Rahmen des Programms „Über die Bildung zur sozialen Integration und Inklusion“ außerdem die Konferenz „Die Herausforderungen der Zeit – Standards zur Erstellung von Druckerzeugnissen für Blinde und Sehbehinderte“ durchgeführt. An der zweitägigen Konferenz nahmen mehr als 70 Personen teil – Verleger, Layouter,Vertreter von einschlägigen NGOs. Die Konferenz setzte sich das Ziel, die bestehenden Standards im Braille-Druck zu diskutieren und die Publikationen für Blinde maximal zugänglich zu machen. Zu einem Höhepunkt der Konferenz wurde der Auftritt von Dr. Aleksander Pavkovic vom Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenverband. Als Mitarbeiter des Beratungs-, Informations- und Textservice-zentrums und Mitglied im Brailleschrift-Komitee der deutschsprachigen Länder berichtete er über die deutschen Erfahrungen, beantwortete die Fragen des Auditoriums und begutachtete als unabhängiger Experte die von den Teilnehmern der Konferenz mitgebrachten ukrainischen Druckerzeugnisse.
Für die Konferenzteilnehmer wurden dabei zwei Broschüren erstellt: „Start zur Inklusion“ I und II, die von den Spezialisten von Prawowybora herausgegeben wurden.
Zu der letzten Maßnahme des Jahres 2018 wurde das Seminar „Fortbildung von Spezialisten für Frühförderung blinder und sehbehinderter Kinder“, das vom 26. bis zum 30. November in Charkiw in den Räumen der Tschernobyler Geschichtswerkstatt stattfand.In diesen fünf Tagen diskutierten die Teilnehmer die Fragen der Frühdiagnostik, die Methoden der Entwicklung kognitiver Fähigkeiten, die Wege zur Kontrolle von Stereotypien und die Möglichkeiten der Kompensierung von Sehfunktionen. Das Seminar leitete Dr. Werner Hecker vom deutschen Kompetenzzentrum für Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung aus Marburg. Von allen Teilnehmern wurde das Seminar mit Bestnoten bewertet, was einmal mehr die Notwendigkeit grenzüberschreitenden Erfahrungsaustauschs unter den Experten unterstrich. Die vom Dr. Hecker erstellten Seminarunterlagen wurden ins Russische übersetzte und als Handbücher den Teilnehmern zur Verfügung gestellt.
Die Ergebnisse der ersten Etappe des Projekts festigen den Eindruck, dass Menschen mit Sehbehinderungen in der Ukraine dank speziellen Schulungen und mit der Unterstützung der übrigen Gesellschaft eine vollwertige Lebensweise gestalten können. Einen Beitrag dazu werden auch die Medienzentren leisten, die im Mittelpunkt der Aktivitäten 2019 stehen werden und die die Eltern betroffener Kinder mit vielschichtigen methodischen und praktischen Informationen versorgen werden. Dazu werden die Medienzentren weiterhin entwickelt und vernetzt.
Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk (IBB) gGmbH Dortmund und mit Förderung des deutschen Auswärtigen Amtes realisiert.